Psychologische Instrumente als Hilfe bei der Personalauswahl

Gerade in Zeiten wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch weniger rosigen Zeiten sind gute Mitarbeiter besonders wertvoll. Unternehmen können und müssen aus einem Angebotsüberhang von Bewerbern auswählen. Dabei ist die bestmögliche Übereinstimmung zwischen den Anforderungen einer zu besetzenden Stelle und den Fähigkeiten und Eigenschaften der Bewerber das erste Ziel. Und dies aus zwei Blickwinkeln: je besser eine Person für eine ausgeschriebene Position geeignet ist, desto besser wird sie den Aufgaben gewachsen sein, wodurch sich ihre Arbeitszufriedenheit, ihre Arbeitsmotivation und damit auch ihre Effizienz steigern werden. Auf der anderen Seite profitieren Organisationen von motivierten und effizienten Mitarbeitern durch höhere Qualität und minimierte Fluktuationen, das bedeutet größere Verbundenheit mit der Firma.

Um sich nun bei der Personalauswahl einer optimalen Übereinstimmung anzunähern, empfiehlt es sich, möglichst systematisch vorzugehen.
Das bedeutet, dass zuerst die zu erwartenden Aufgaben einer Stelle genau beschrieben und analysiert werden sollten.
Anhand der Stellenbeschreibung lassen sich die Qualifikationsmerkmale (besondere Kenntnisse, spezielle Fertigkeiten etc.) formulieren, die ein Bewerber idealerweise mitbringen soll. Daraus lässt sich dann ein Anforderungsprofil ableiten, in dem Merkmale benannt werden, die die Sollvorgaben darstellen (z. B. intellektuelles Potenzial, verbale Gewandtheit, Führungskompetenz, mechanische Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen, Konzentrationsfähigkeit usw.).
Die psychologische Eignungsdiagnostik hat eine Vielfalt verschiedener Verfahren hervorgebracht, mit denen die Ausprägungen der relevanten Eigenschaften rationell, objektiv und zuverlässig geprüft werden können. Es kommt jetzt darauf an, aus den zur Verfügung stehenden Instrumenten diejenigen auszuwählen, die für die jeweilige Fragestellung besonders geeignet sind. Dabei ist es sinnvoll, mehrere Methoden anzuwenden, um ein aussagefähiges Eignungsprofil des Bewerbers erstellen zu können, das über eine Reihe interessierender Eigenschaften Auskunft geben kann.

Häufig verlassen sich Unternehmen bei der Bewerberauslese auf die ‘gute Nase’ ihrer Personalmitarbeiter. Jahrelange Erfahrungen vermitteln bisweilen tatsächlich ein gutes Gespür dafür, ob ein Bewerber in die Organisation passt und seine zukünftigen Aufgaben erfüllen wird. Doch in sich vergrößernden Betrieben, in immer spezialisierteren Berufsbildern und steigenden Anforderungen an die einzelnen Mitarbeiter der verschiedensten Abteilungen wird es fast unmöglich für die Personalverantwortlichen, die jeweiligen Erfordernisse im Detail zu kennen. Daher bietet sich gerade im Personalmanagement die Möglichkeit an, durch gezieltes ‘Outsourcing’ das Fachwissen von Experten hinzuzuziehen und mit diesen systematisch zusammenzuarbeiten. Durch die Kombination der Erfahrungen und internen Kenntnisse der Personalfachleute einer Organisation und dem spezifischen Know-how von Arbeitspsychologen ergibt sich eine optimale Basis, neue Mitarbeiter zu suchen und auszuwählen.

Der verantwortungsbewusste und gezielte Einsatz des psychologischen Instrumentariums bietet dabei eine Reihe von Vorteilen.


- Objektivität
Ein Hauptargument für den Einsatz von psychologisch-wissenschaftlichen Testverfahren ist ihre Objektivität. Für ihre Durchführung und Auswertung bestehen strenge Richtlinien, die der Testleiter genauestens kennen und einhalten muss. So kann sichergestellt werden, dass alle Bewerber die gleiche standardisierte Testsituation vorfinden und nach exakt gleichen, vorher definierten Kriterien beurteilt werden. Objektivität ist dann gegeben, wenn verschiedene Testleiter bei der gleichen Person zu den gleichen Ergebnissen kommen.

- Stellenspezifische Kriterien
Die Vielfalt der vorhandenen Verfahren macht es möglich, jeweils solche Tests auszuwählen, die genau die in Frage stehenden Merkmale bei einem Bewerber überprüfen. Beispielsweise muss ein Schweißer natürlich ganz andere Qualifikationen vorweisen als ein Verkaufsleiter. Gerade im technischen Bereich spielt hier die aufgabenbezogene Beurteilung eine besondere Rolle, denn in Bewerbungsgesprächen wird leicht der Einfluss mangelnder verbaler Geschicklichkeit überbewertet, obwohl diese kaum mit den berufsspezifischen Fähigkeiten zusammenhängen. Nonverbale Tests, die zum Beispiel Fingerfertigkeit oder technisches Verständnis überprüfen, sind in solchen Fällen zweckdienlicher, weil sie sich auf die stellenbezogene Qualifikation konzentrieren und nebensächliche Eigenschaften außer Acht lassen. Hinzu kommt, dass durch Tests nicht selten Qualifikationen und Talente des Bewerbers entdeckt werden, die im Einstellungsgespräch oder anderen Selektionsverfahren möglicherweise gar nicht aufgegriffen worden wären.

- Fairness
Durch den Einsatz von Tests wird gegebenenfalls ein störender zwischenmenschlicher Einfluss weitgehend ausgeschaltet. Oft spielen Sympathien, Abneigungen, Vorurteile, der äußere Eindruck usw. - häufig auf einer unbewussten Ebene - eine große Rolle bei der Beurteilung von Bewerbern. Diese sind jedoch nicht relevant für die Bewährung am Arbeitsplatz, so dass sie in der Bewerberauswahl einen großen, schwer zu kontrollierenden Störfaktor darstellen.

- Validität und Vorhersagefähigkeit
Die Validität eines Verfahrens bedeutet die Gültigkeit, mit der ein Test tatsächlich auch das misst, was er zu messen beabsichtigt. Wissenschaftlich begründete Verfahren bieten den Vorteil, dass ihre Gültigkeit besser statistisch überprüft werden kann. Testergebnisse werden mit anderen Vorhersagekriterien wie Zeugnissen, Arbeitsproben oder der späteren Bewährung in der betreffenden Position verglichen und ihre Übereinstimmung beurteilt. Für alle seriösen Testverfahren wurden im Vorfeld solche Validitätsuntersuchungen durchgeführt, so dass man verlässliche Werte über die Vorhersagequalität eines Tests zum Beispiel über den zukünftigen Ausbildungs- oder Berufserfolg eines Bewerbers besitzt. Gerade die Möglichkeit einer zuverlässigen Vorhersage über zukünftiges Arbeitsverhalten gibt den Testverfahren eine wichtige Bedeutung, denn andere Kriterien wie Zeugnisse oder Bewertungen früherer Vorgesetzter geben nur Aufschluss über das Tun in der Vergangenheit.

- Reliabilität
Die Reliabilität ist das Maß der Genauigkeit und Zuverlässigkeit eines Testes. Als Gütekriterium spielt sie neben der Validität eine wichtige Rolle, denn ein Test muss das, was er messen soll, auch möglichst genau messen. Bestätigt wird sie in wissenschaftlichen Versuchsreihen beispielsweise dadurch, dass eine Testwiederholung bei der gleichen Person nach einer gewissen Zeit noch zu den gleichen Ergebnissen führt.
Sowohl Reliabilität als auch Validität lassen sich für Tests relativ einfacher bestimmen als für andere Selektionsverfahren.

- Systematische Datenerfassung
Durch die Standardisierung der Datenerfassung und dadurch der Ergebnisse lässt sich eine wesentlich bessere Vergleichbarkeit der Resultate verschiedener Bewerber erreichen, die darüber hinaus statistisch erfassbar ist. Die in einem Intelligenztest erzielten Werte mehrerer in Frage kommender Personen lassen sich zum Beispiel viel leichter und schneller vergleichen als die Einschätzungen und Beurteilungen aus Einstellungsgesprächen.

- Ökonomie, Rationalisierung
Tests lassen sich einfach, zeit- und kostengünstig durchführen. Für ihre Anwendung bedarf es meist keiner aufwendigen Materialien oder Vorbereitungen. Ein vorhandenes Verfahren kann immer wieder verwendet werden, so dass nicht bei jeder anstehenden Einstellung neue Überlegungen über die Auswahlmethodik getroffen werden müssen.



Überblick über die verschiedenen Methoden

(Strukturierte) Auswahlgespräche
Das ‘normale’ Einstellungsgespräch ist mit einer Reihe von Problemen belastet, weshalb man bei dieser Methode einige Maßnahmen zur Verbesserung der Aussagekraft ergreifen sollte. Idealerweise wird das Gespräch von mehreren, unabhängigen, geschulten Bewertern anhand eines Fragenkataloges geführt, um Informationen zu vorher abgesteckten und nicht zu umfangreichen Aspekten einzuholen. Auf diese Weise können die (evt. unterschiedlichen) Einschätzungen der Bewerter verglichen und ausgewertet werden. Mögliche Voreingenommenheiten und subjektive Vorurteile eines einzelnen Bewerters werden so eliminiert. Geschulte Bewerter wissen, auf was sie zu achten haben, wie sie ein Gespräch in die gewünschte Richtung lenken und wie sich verbale und nonverbale Zeichen des Bewerbers deuten lassen. Vor allem bei der Beurteilung von Führungskräften und Bewerbern für besonders verantwortungsvolle Aufgaben haben sich psychologisch orientierte Interviews bewährt.
Die GiPsy verfügt über ein umfassendes Frageninventar, das auf wissenschaftlicher Basis und in jahrelanger Praxiserprobung erarbeitet wurde und jeweils den Anforderungen entsprechend neu zusammengestellt wird.

Personalfragebögen
Eines der verbreitetsten und traditionsreichsten Verfahren zur Beurteilung neuer Mitarbeiter ist der Personalfragebogen. Mit ihm werden persönliche, demographische und Situationsinformationen erfasst (Alter, Familienstand, Qualifikationen, beruflicher Werdegang, Gesundheitszustand, Hobbys etc.). Der Anwendung dieser Informationsquelle liegt die Annahme zugrunde, dass früheres Verhalten eine Vorhersage zukünftigen Verhaltens ermöglicht. Als erste Informationsgrundlage liefert er alle wichtigen Fakten, die wissenswert sind und zu einer Vorauswahl führen können und erleichtert den Einstieg in das Einstellungsgespräch. Auf der Grundlage umfangreicher Erfahrungswerte und wissenschaftlicher Forschung lassen sich hierfür bestimmte Fragen zusammenstellen, die besonderen Vorhersagewert für den späteren Arbeitserfolg besitzen.

Formale TestsFür viele Menschen - besonders für Arbeitsuchende - sind Tests schlechthin synonym mit Selektions- und Bewertungsmethoden, obwohl nur eine begrenzte Anzahl von Organisationen tatsächlich Tests bei der Bewerberauswahl nutzen. Formale Tests sind die einfachste Möglichkeit, das momentane und potenzielle fachliche Wissen und Können eines Bewerbers zu beurteilen.
Die zur Verfügung stehenden Verfahren sind ebenso vielfältig wie unübersichtlich. Die Masse des Angebotes, die sich auch in der großen Auswahl an ‘vorbereitender’ Literatur für Stellensuchende widerspiegelt, garantiert dabei leider nicht die Qualität der einzelnen Verfahren, denn nicht alle sogenannten psychologischen Tests für die verschiedensten Zwecke sind tatsächlich auf einer seriösen, wissenschaftlich fundierten Basis erstellt worden.
Die Testverfahren lassen sich grob in folgende Hauptkategorien einteilen:

- Leistungs- und Funktionstests
Allgemeine Leistungstests
Es gibt Verhaltensanteile, die in jeder Leistung enthalten sind und das gesamte Tun eines Menschen formen, zum Beispiel Intelligenz, Konzentration, Gedächtnis, Aufmerksamkeit usw. Diese Eigenschaften werden mit sogenannten allgemeinen Leistungstests geprüft.
Die Konzentrationsfähigkeit wird durch Tests kontrolliert, in denen die Getesteten einfache (falsche Zeichen aus langen Reihen wegstreichen, leichte Rechenaufgaben) oder schwierigere (komplexere Mathematikaufgaben) Items unter Zeitdruck lösen müssen. Beurteilt wird bei der Auswertung neben der Fehlerhäufigkeit auch die Menge der erbrachten Leistung und die Verteilung der Fehler auf die Zeit.
Lern- und Gedächtnisleistungen in einer Prüfsituation werden mit Tests erfasst, in denen der Proband sich z. B. türkische Vokabeln, einen Stadtplan oder Telefonnummern einprägen muss, die nach verschiedenen Zeiträumen in unterschiedlichen Formen abgefragt werden. So erhält man Angaben darüber, wie gut sich eine Person wichtige Informationen (verbaler, figuraler oder numerischer Art) einprägen kann und ob sie sich Lernmaterial so organisieren kann, so dass sie auch unter Stress eine große Menge davon behalten kann.

Spezielle Leistungstests
Verhaltensanteile, die zur Ausführung besonderer Anforderungen benötigt werden, lassen sich mit Hilfe spezieller Leistungstests abfragen. Hierunter fallen Verfahren zur Prüfung einzelner Funktionen: Motorische Fähigkeiten wie das Finger- oder Handgeschick können beispielsweise mit Drahtbiegeproben beurteilt werden, bei denen der Bewerber ein Stück Draht so formen muss, dass es möglichst exakt der gezeichneten Vorlage entspricht. Beurteilt werden der Grad an Übereinstimmung, die Genauigkeit und Sauberkeit der Ausführung etc. Andere Verfahren messen sensorische Fähigkeiten (z. B. die Farbtüchtigkeit), mechanisch-technisches Verständnis oder organisatorische Fähigkeiten (z. B. die Eignung einer Person für Büroberufe mit Aufgaben wie Schreibmaschinentest, Sortieraufgaben usw.).

Intelligenztests
Die bekannteste Untergruppe der Leistungstests sind die Intelligenztests. Sie basieren auf der Annahme, dass ‘Intelligenz’ dafür steht, dass man schneller begreifen, aufnehmen und lernen kann und sich dadurch in die meisten Aufgaben leichter einfügen kann. Auch hier besteht wieder die Unterteilung in allgemeine und spezielle Intelligenztests, wobei viele Verfahren beide Aspekte gleichzeitig durch verschiedene Aufgabentypen abdecken.
Spezielle Gebiete der Intelligenz sind beispielsweise sprachgebundenes, rechnerisches oder formallogisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen, Allgemeinwissen, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und -genauigkeit. Diese verschiedenen Fähigkeiten werden mit Hilfe unterschiedlicher Aufgaben überprüft, deren Ergebnisse sich dann in Form eines Leistungsprofils mit den individuellen Begabungsstärken und -schwächen und als Gesamtwert interpretieren lassen.
Diese Ergebnisse in Untertests und die Gesamtwerte werden umgerechnet in den ‘Intelligenzquotienten’. Dieser ist ein statistisches Maß für den Vergleich der Leistung einer Person mit ihrer Altersgruppe oder auch einer anderen Bezugsgruppe (z. B. Personen mit der gleichen Berufsausbildung). Der durchschnittlichen Leistung wurde der Wert 100 zugewiesen, um den sich die Werte aller Personen nach der sogenannten Standardverteilung anordnen. Je nach Verfahren sind Werte zwischen 90 und 110 oder 85 und 115 als normale Abweichung von dem absoluten Mittelwert anzusehen.

- Neigungs- und Begabungstests
Eignungstests dieser Kategorie geben Auskunft über das Potenzial eines Bewerbers, einen spezifischen Aufgaben- und Pflichtenbereich zu erlernen. So lassen sich besondere Fragestellungen wie die fachliche Ausbildungsfähigkeit oder Kreativität klären, daher sind die besonders geeignet für die Besetzung von Ausbildungsplätzen oder Mitarbeiterförderungsmaßnahmen z. B. für den Führungsnachwuchs.

- Persönlichkeitstests
Neben der fachlichen Qualifikation sind in vielen Positionen charakterliche, menschliche und zwischenmenschliche Fähigkeiten von ausschlaggebender Bedeutung. Mit sogenannten Persönlichkeitstests, meist in Form von Fragebögen mit einer großen Anzahl von Aussagen, die der Befragte als für sich selbst zutreffend oder unpassend einschätzen soll, lassen sich Einstellungen (z. B. Leistungsmotivation), Charaktereigenschaften (z. B. Stressresistenz, Aggressivität) oder Interessen einer Person erforschen, ohne dass man diese direkt anspricht. Dabei kann man gezielt jene Verfahren auswählen, die speziell auf die Erfordernisse der zu besetzenden Position zugeschnitten ist.
Auf diese Weise befragt man immer den Experten über einen Bewerber: ihn selbst. In Selbstaussagen liegen gleichzeitig Chance und Problem: auf der einen Seite kann man eine Person über sich selbst Auskunft geben lassen und erfährt somit ihr Selbstbild. Andererseits kann dieses Selbstbild natürlich aus den unterschiedlichsten Gründen verzerrt sein. Neben gravierenden Fehleinschätzungen seiner selbst kann dies der Versuch sein, sich möglichst positiv bzw. im vermuteten Sinne des Befragers darzustellen. Während sich extreme Fehleinschätzungen meist im Gespräch oder durch andere Verfahren erkennen lassen, können ‘beschönigende’ Antworten mit Hilfe von Kontrollfragen oder -skalen aufgedeckt werden. Die meisten Persönlichkeitstests enthalten spezielle Items, die versteckt die Ehrlichkeit des Befragten überprüfen. Dazu kommt, dass die eigentliche Fragestellung der Verfahren nicht offensichtlich ist, sondern durch geschickt konstruierte Fragen und aufwendige wissenschaftliche Untersuchungen über ‘Umwege’ herausgearbeitet wird. Durch den Einsatz eines Persönlichkeitsfragebogens wird der Zugang zu Charaktereigenschaften, Selbstbildern, Meinungen und Gefühlen eröffnet, der in der direkten Befragung kaum möglich wäre, denn normalerweise lassen sich diese Aspekte der eigenen Person nicht so leicht beschreiben.Die standardisierte Vorgehensweise bei der Befragung und Auswertung bietet alle Vorteile der klassischen psychologischen Test. Gerade im Bereich der persönlichen Eigenschaften, die weniger klar abgrenzbar sind wie z. B. Schreibmaschinenkenntnisse, erleichtert ein wissenschaftlich fundiertes und objektiviertes Instrument die Beurteilung enorm. Die Distanzierung vom eigenen, eventuell voreingenommenen Eindruck wird manchmal so erst möglich. Da viele Verfahren mehrere Dimensionen der Persönlichkeit untersuchen, ist neben Vergleichen verschiedener Bewerber untereinander und mit Vergleichsgruppen auch die Betrachtung der Profile einzelner Personen möglich.
Obwohl Fragebögen wichtige Informationen über verschiedene Bereiche der Persönlichkeit eines Bewerbers herausarbeiten können, sollten aus ihnen alleine keine Aussagen über tatsächliches Verhalten abgeleitet werden.
Ein häufig genannter Einwand gegen Persönlichkeitstests ist der Hinweis auf unzureichende Sprachkompetenz des Befragten. Da diese Verfahren jedoch vor allem bei der Besetzung von Stellen eingesetzt werden, die erhöhte soziale oder verbale Fähigkeiten erfordern (z. B. im Kundenkontakt, Führungsaufgaben), spielt dieses Problem in der Praxis selten eine Rolle.

Arbeitsproben
Praktische Arbeitsproben sind ein aussagefähiges und leicht handhabbares Mittel zur Beurteilung der stellenbezogenen Fähigkeiten eines Bewerbers. Nicht nur im kreativen oder journalistischen Bereich finden sich meist leicht repräsentative Aufgaben, deren Lösungen Aufschluss über die Eignung geben.

Assessment-Center
Das Assessment-Center ist trotz des Aufwandes eine bewährte Methode der Personalbeurteilung und hat nicht nur im Bereich der Bewerberauswahl seine Vorzüge, sondern lässt sich sehr gut auch zum Zwecke der Mitarbeiterbeurteilung im Rahmen der Personalförderung, zum Beispiel von Nachwuchsführungskräften und anderen Mitarbeitern mit erhöhten Anforderungen an die soziale Kompetenz, einsetzen. Insbesondere bei der Beurteilung des Mitarbeiterpotentials, für die Laufbahnplanung und die Analyse des Trainingsbedarfs wird diese Methode eingesetzt.
Dank seiner Verhaltens- und Anforderungsnähe gehört das Assessment-Center zu den Ausleseverfahren mit der höchsten Vorhersagezuverlässigkeit. Aufgrund der Ergebnisse einer solchen Untersuchung lassen sich Aussagen über die beruflichen Entwicklungschancen der Teilnehmer machen, die über einen Zeitraum von 10 Jahren mit etwa 75prozentiger Genauigkeit zutreffen. Kein anderes Verfahren der Mitarbeiterbeurteilung bis auf die biographische Anamnese ist so zuverlässig.

Ein Assessment-Center wird in der Regel an einem neutralen Ort (z. B. einem kleinen Hotel) abgehalten, an dem sich bis zu 12 Teilnehmer mehrere Tage zusammen mit den Beurteilern (im Verhältnis 2:1) aufhalten. In dieser Zeit werden die Teilnehmer mit einer großen Anzahl der verschiedensten und meist sehr realitätsnahen Aufgaben konfrontiert.
Einige der gebräuchlichsten Einzelverfahren dabei sind:
individuell auszuführende Arbeitsproben und Aufgabensimulationen (z. B. die Verwaltung eines Etats, Postkorbbearbeitung)
Gruppendiskussionen mit und ohne Rollenvorgabe
Gruppenaufgaben mit Kooperations- oder Wettbewerbscharakter
Vorträge oder Präsentationen
Rollenspiele (z. B. Einstellungsinterview, Verkaufsgespräch)
Interviews
Planspiele
Fähigkeits- und Leistungstests
Persönlichkeits- und Interessentests
Biographische Fragebogen
Lockerungsübungen

Aufgaben und Anforderungen werden jeweils auf die Unternehmen und Positionen individuell abgestimmt. Typische und daher immer wiederkehrende Merkmalsklassen sind dabei:
Administrative Fähigkeiten (Organisations- und Planungskompetenz, Entscheidungskraft, Verantwortungsbewusstsein etc.)
Soziale Kompetenz (Emotionale Selbstkontrolle, Empathie, Sachlichkeit, Durchsetzungs- und Überzeugungskraft, Flexibilität, Loyalität, Auftreten, Verantwortungsbewusstsein, Kooperations- bzw. Teamfähigkeit, etc.)
Kognitive Kompetenz (Intelligenz, analytisches und systematisches Denken, mündliche und schriftliche Sprachbeherrschung, Urteilsvermögen, Allgemeinwissen, etc.)
Leistungsverhalten (Konzentration, Ausdauer, Stressresistenz, Frustrationstoleranz, Einsatzbereitschaft, Zielstrebigkeit, Belastbarkeit, etc.)
Selbstbild (Selbstbewusstsein, Wertung der eigenen beruflichen Vergangenheit, Erwartung für die berufliche Zukunft, etc.)

Die Bewertung eines jeden Teilnehmers ergibt sich aus ihrem Verhalten während der gesamten Zeit. Die Resultate der unterschiedlichen Aufgaben und die Verhaltensweisen in verschiedenen Situationen werden zusammengetragen und ausgewertet. Hinzu kommen die Urteile der einzelnen Beobachter ebenso wie Urteile der Mitbewerber (Fremdbeurteilung) und der Bewerber über sich selbst (Selbstbeurteilung). Aus dieser Informationsvielfalt wird von dem Beobachterteam ein Gutachten über jeden Teilnehmer erarbeitet.



Einwände
Der Ruf von psychologischen Testverfahren hat teilweise unter herber Kritik seiner Gegner gelitten. Man wirft ihnen vor, sie seien gar nicht der Lage, beispielsweise die Persönlichkeit eines Menschen zu erfassen oder zuverlässige Aussagen über das zukünftige Verhalten eines Bewerbers bei seiner Arbeit vorauszusagen. Sicher ist, dass kein Test die Gesamtheit einer Person erfassen oder gar durchleuchten kann. Es werden immer nur einzelne, für die entsprechende Fragestellung relevante Eigenschaften oder Fähigkeiten genauer untersucht. Der Einsatz des psychologischen Testinstrumentariums stellt hohe ethische Anforderungen an die Durchführenden, um eine für den zu testenden Bewerber akzeptable, nicht entwürdigende oder unnötig stressbeladene Situation herzustellen. So sollte der Bewerber nicht über die Absichten im Unklaren gelassen werden, sondern er sollte über Sinn und Zweck der Tests ebenso informiert werden wie über die von ihm erzielten Resultate und was davon an die Auftraggeber weitergegeben wird. Dem Einsatz von Persönlichkeitstests wird ein unzulässiges Eindringen in die Privatsphäre des Bewerbers zur Last gelegt. Private Vorlieben, Abneigungen oder Einstellungen sind gewiss kein Thema, das die Personalverantwortlichen eines Unternehmens erforschen sollten. Es geht vielmehr um die berufsrelevanten Charaktereigenschaften einer Person, wenn diese beispielsweise mit wichtigen Führungsaufgaben, vertraulichen Interna, großer Verantwortung oder häufigem Kontakt mit Menschen betraut werden soll. Dass nur diese Informationen ausgewertet werden und im übrigen derlei Testergebnis strengster Geheimhaltung unterliegen und nicht an Dritte weitergegeben werden, versteht sich von selbst.
Wenn man diese Grundsätze bei der Testdurchführung beachtet und die Ergebnisse richtig zu deuten und einzustufen weiß, sind psychologische Tests ein äußerst verlässliches, hilfreiches und faires Mittel zur objektiven Beurteilung von Bewerbern.

Juristische Aspekte
Bei der Anwendung des psychologischen Diagnostikinstrumentariums ist es selbstverständlich, dass die fundamentalen Regeln der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze eingehalten werden.
Die beiden ersten Artikel unseres Grundgesetzes, der Schutz der Menschenwürde und der Freiheitsrechte, sind auch in der Eignungsdiagnostik relevant. Tests dürfen natürlich nur dann durchgeführt werden, wenn die Bewerber damit einverstanden sind (§ 183 BGB: Einverständnis des Bewerbers). Dass diese Freiwilligkeit in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit eingeschränkt ist, lässt sich leider nicht ausschließen. Um so mehr sollte man sich bemühen, die Testsituation für die Teilnehmer angenehm zu gestalten, denn auch die Personalauslese repräsentiert die Philosophie eines Unternehmens. Offenheit über die Fragestellungen, freundlicher Umgang und Vermeidung unnötigen Stresses sind hier gefragt.
Das Strafgesetzbuch (§ 203) garantiert den Schutz vor Verletzung der Vertraulichkeit. Im Vorfeld der diagnostischen Beurteilung muss mit den Bewerbern abgesprochen werden, dass ihre Testergebnisse an die Auftraggeber weitergeleitet werden, dass dies jedoch innerhalb aller Datenschutzgrundlagen und unter Einhaltung der Vertraulichkeit geschieht.
Bei größeren Unternehmen bleibt zu berücksichtigen, dass den Betriebsräten ein Mitbestimmungsrecht bei Personalfragebögen, Beurteilungsgrundsätzen und Auswahlrichtlinien zusteht (§§ 94 und 95 Betriebsverfassungsgesetz).